RT1 - das Echtzeit-Zahlungssystem der EBA CLEARING startete im November 2017.
Mit TIPS nahm ein Jahr später (November 2018) auch die Instant Payments Bezahlplattform der EZB ihren Betrieb auf.
Am 03. Januar 2019 durchbrach RT1 die Schallmauer von 10 Mio., der seit Produktionsaufnahme insgesamt abgewickelten Transaktionen. Am 14. Januar 2019 vermeldete die EBA CLEARING, dass im Dezember 2018 durchschnittlich 88.000 Transaktionen am Tag verarbeitet wurden.
Beeindruckende Zahlen – zumindest auf den ersten Blick. Rechne ich die 88.000 Transaktionen am Tag um, bleiben 61 Transaktionen pro Minute. Ein Zahlungssystem, welches länderübergreifend knapp 1 Transaktion pro Sekunde verarbeitet. Das klingt für mich weit weniger imposant.
Auch die Liste der Banken, welche rund ein Jahr nach dem Start der schnellen SEPA-Zahlungen Instant Payments anbieten, ist für mich im Vergleich zur Gesamtzahl der Banken noch recht überschaubar.
Das liegt mit großer Sicherheit daran, dass die Banken Instant Payments noch nicht als Ertragsquelle sehen. Den entstehenden Kosten für Implementierung und Betrieb stehen schlicht und einfach kaum erkennbare Möglichkeiten zur Kostenumlage auf die Kunden der Banken gegenüber. Momentan liegen die Kosten je nach Bank und Vertrag pro Echtzeit-Überweisung zwischen null (eher selten) und 50 Cent.
Die Marktteilnehmer (Banken und Handel) müssen ihre Sichtweise anpassen. Weg vom Blickwinkel der Ertragsquelle und hin zu dem Ansatz, Überweisungen in Echtzeit als tollen Service zu sehen. Einen Service, der ihre Kunden begeistern kann und begeistern wird.
Die HypoVereinsbank geht hier voran und bietet mittlerweile auch Firmenkunden Überweisungen in Echtzeit an. Dort können nun auch Firmenkunden an Geschäftspartner oder Privatpersonen Zahlungen in Echtzeit von Konto zu Konto senden. Damit wird das bislang ausschließlich für Zahlungen von Privatpersonen genutzte Verfahren erweitert.
Diese Schritte sind gut und wichtig. Denn eines ist entscheidend für das Tempo bei der Etablierung von Zahlungen in Echtzeit: eine breite Masse an Anwendern. Der Service kann nämlich nur genutzt werden, wenn sowohl Initiator (die Bank des Zahlenden), als auch der Empfänger (bzw. dessen Bank) der Transaktion am System angeschlossen sind. Die eingeschränkte Erreichbarkeit der Banken in RT1 bzw. TIPS ist eine Bremse für den Take-on im Markt.
Aus meiner Sicht wird erst dann richtig Bewegung in die Bankenbranche kommen, wenn der Druck vom Markt steigt. Jedoch sollten die Banken hoffen, dass es dann noch nicht zu spät ist. Wenn mehr und mehr Händler erkennen, dass Zahlungen in Echtzeit ein toller Service sind, der die Kunden begeistern kann, werden sie diesen Service auch nutzen wollen. Dann werden die Händler auch auf eine zeitnahe Lösung drängen. Verständlich, wie ich finde. Welcher Kunde will auf einen „Echtzeit“-Lösung mehrere Monate warten? Ich denke, dass Händler und Banken ihre Ressourcen bündeln sollten. So können gemeinsam effektive Wege gefunden werden, um das immense Potential von Instant Payments auszuschöpfen.
Ein Vorreiter in Deutschland ist die OTTO GmbH & Co. KG. Gemeinsam mit der Otto Group und der Hanseatic Bank wurde eine eigene Lösung entwickelt. Mit dieser kann OTTO ab sofort Zahlungen per Instant Payment empfangen und diese direkt mit Kundenservices verknüpfen. „Instant Payment ist in erster Linie kein neues Bezahlsystem, sondern korrigiert die nicht mehr zeitgemäße Verarbeitung von Banküberweisungen ins digitale Zeitalter“, erklärt Anke Brummack, Analystin Payments bei OTTO. Wir sprechen hier also eher von einem „Gleichziehen“ der klassischen Überweisung mit anderen Direktzahlarten.
Instant Payments können insbesondere beim Rechnungskauf zum Einsatz kommen – einem in Deutschland nach wie vor sehr beliebten Zahlverfahren. Nur kann der Kunde jetzt sogar innerhalb von Sekunden sehen, ob der Zahlvorgang erfolgreich war. Ein weiterer praktischer Nebeneffekt: die Echtzeit-Überweisung kann andere Bezahlverfahren (z.B. Zahlungen per Kreditkarte) ersetzen und Händler kommen schnell und ohne Risiko zu ihrem Geld.
Neben dem Handel werden weitere Geschäftsmodelle folgen. Warum nicht innerhalb von Sekunden ein Abonnement abschließen und direkt Zugang zum Service bekommen? Eine neue Versicherung abschließen und wenige Augenblicke später beginnt der Versicherungsschutz? Wer würde dazu nicht „JA“ sagen?
Um es auf den Punkt zu bringen: diese Bezahlmethode bietet den Anwendern aus meiner Sicht zu viel Potential, als das sie lange auf eine Lösung warten können oder wollen. Für die Banken gilt es schlicht und einfach vorbereitet zu sein bzw. Lösungen zu etablieren. Geschieht dies nicht rechtzeitig, werden PayPal und andere FinTech-Anbieter nur zu gerne die Schnittstelle zwischen den Händlern und deren Kunden einnehmen.
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