Beim TARGET-Service wird neben der Umstellung der Zahlungsverkehrsnachrichten und den damit eingehergehenden Prozessveränderungen auch das Intraday-Liquiditätsmanagement umgestellt. Dies hat Auswirkungen auf die Liquiditätsbewirtschaftung des RTGS-Dienstes, aber auch auf die Liquiditätsvorhaltung für die Verrechnung von Nebensystemen wie z.B. Eurex.
Während die EZB hierzu bereits Detaildokumentationen (User Detailed Functional Specication, UDFS) publiziert hat, stehen von der EBA CLEARING die vergleichbaren Dokumentationen noch nicht zur Verfügung und werden wohl erst zum Ende des 1. Quartals verfügbar sein.
Aus meiner Sicht sind diese Projekte, die die Banken für diese Änderungen aufsetzen müssen, hoch komplex. Das von der EZB aufgesetzte Monitoring (mittelbar über nationalen Notenbanken) erzeugt zusätzliche Herausforderungen, weil die Banken zur Einhaltung von Meilensteinen verpflichtet werden. Besonders kritisch ist der Meilenstein im Oktober 2020, bei dem die Banken eine Software Readiness Confirmation abgeben müssen, d.h. bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Softwareänderungen in den Häusern positiv getestet worden sein (mit dem breiten Scope von Zahlungsverkehrsmessages im RTGS, Liquiditätsmanagement aber auch Abstimmungsprozesse für die Kontoauszüge der verschiedenen Eurosystemdienste, die auch auf ISO 20022 umgestellt werden müssen).
Neben diesen in erster Linie den Euro betreffenden Änderungen müssen die Banken sich auch mit der Einführung von ISO 20022 bei anderen Clearingsystemen für andere Währungen befassen, z.B. HKD (Hongkong-Dollar), für den die Umstellung in diesem Jahr ansteht. Bank of England hat ebenfalls eine Umstellung für das britische Pfund in Vorbereitung, hierfür laufen derzeit Marktkonsultationen.
Daneben steht ja seit geraumer Zeit auch die Frage im Raum, wann und wie eine Umstellung auf ISO 20022 im Cross-Border-Zahlungsverkehr ansteht.
SWIFT hatte hierzu im letzten Jahr eine Befragung von Marktteilnehmern durchgeführt. Basierend auf einer SWIFT Board-Entscheidung vom September 2018 ist ein Migrationsbeginn für 2021 vorgesehen (Board Papier IR 807). In der letzten Woche hat SWIFT hierzu im Rahmen einer Informationsveranstaltung in Frankfurt informiert.
Zur Frage des ‚Wie‘ war folgendes zu hören:
Ich sehe dies de facto als eine Komplettmigration bereits im November 2021 an, weil ab diesem Zeitpunkt eben diverse Prozesse, bei denen die als verbindlich erklärte Datenmenge der ISO 20022 Nachrichten verarbeitet werden müssen, angepasst werden. Dies hat Vor- und Nachteile. Nachteilig ist, dass die Umstellungsarbeiten und IT-Anpassungen parallel zu dem ohnehin schon sehr umfangreichen Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Umstellung von TARGET2 und Euro1 einschließlich des Umbaus des SWIFT Interfaces durchgeführt werden müssen – dies ist ein erheblicher Kraftakt. Vorteilhaft könnte sein, dass die Übergangsphase von alt zu neu vergleichsweise kurz ist, sodass die Migrationen in den unterschiedlichen Systemen nicht über einen extrem langen Zeitraum laufen müssen. Außerdem bestimmt der Sender selbst, ab wann ISO 20022 (im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr) genutzt werden soll.
Konverterlösungen – seien es diejenigen von SWIFT oder auch Lösungen anderer Hersteller – können eine wichtige Rolle spielen, allerdings müssen die von truncation betroffenen Daten strukturiert vorgehalten werden, so dass bestimmte Applikationen auf den vollen Datenhaushalt zugreifen können. Perspektivisch werden diese Änderungen sich auch auf den gesamten Bereich der Zahlungsverkehrsnachfragen (cancellation, return, recall, und andere queries) auswirken.
Die Banken werden also aus meiner Sicht in den nächsten Jahren mit erheblichen Aufwänden zu kämpfen haben und vermutlich an den Rand dessen kommen, was mit eigenen Ressourcen geleistet werden kann. Alternativen zur Umstellung gibt es nicht. Hersteller und Beratungshäuser werden insofern ihren Beitrag zu einer insgesamt erfolgreichen Umstellung leisten müssen.
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